Kranich, flieg!

23. August 2018 Aus Von Hans-Werner Kulinna

Ja – wenn du eine Wolke siehst,
dann schau gut hin und du entdeckst,
wie unterschiedlich sie ausseh‘n.
auch wenn du es nicht gleich bemerkst.

So kannst du auf ganz leichte Weise
auch lernen, was es heißt zu sehen.
Denn jedes Bild hat einen Eingang,
der dich stets einlädt, reinzugeh‘n.

So ist es wie im Wolkenbild.
Dein Blick wird klar, du hast gesehen,
dass es auch Unterschiede gibt,
drum bleibe stehn, um nachzusehen.

Die Wolken sagen deshalb leise,
mach’s dir nicht einfach, sei ganz weise,
schau nur ins Wolkenbild hinein,
dann kann es ein Spaziergang sein.

Doch plötzlich hörst du hoch am Himmel,
ein lautes Kreischen kommt zu dir.
Du stehst und staunst und wunderst dich,
ein Kranichzug fliegt über dir.

Sieh da – die Wolken decken langsam,
die Kraniche ganz leise zu.
Sie werden in den Süden fliegen,
und finden vor der Kälte Ruh.

Und dort in einem fernen Land,
in Japan und auch anderswo,
da falten Kinder Kraniche.
Du fragst: „Nur einfach so?“

Nein, nein, mein Kind, nicht einfach so.
Es war an einem schönen Tag.
Ein Flugzeug kam und warf den Tod.
Die ganze Stadt, sie war in Not.

Die Bombe brach ihr Gift heraus
Die Menschen starben – welch ein Graus.
Die Kraniche sie kreischen laut:
„Den Frieden habt ihr uns geklaut!“

© Hans-Werner Kulinna